Crashkurs – Realität erfahren. Echt hart.

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Realität erfahren. Echt hart, so der Titel der Veranstaltung, die junge Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen für Unfallrisiken im Straßenverkehr sensibilisieren will.


Und der Titel ließ wirklich harte Fakten folgen. Schon in ihrer Begrüßungsrede schilderte Schulleiterin Bettina Wannowius von tödlichen Unfällen in ihrer Lehrerlaufbahn, drei pro Jahrzehnt. Auf den ersten Blick vielleicht nicht viel, aber umso grausamer, wenn man wirklich nah dran ist. Und nah dran sind mehr Menschen, als man glaubt: 113 Menschen im Schnitt, so des Öfteren an diesem Tag geschildert, sind mehr oder weniger massiv in eine einzige solcher Tragödien mental eingebunden. Schmerz und unendliches Leid begleiten dann Angehörige für ein ganzes Leben.

Ralf Drexelius, Präventionsbeauftragte der Polizei Südhessen und Schulleiterin Bettina Wannowius

Pro Jahr werden in Hessen durchschnittlich 200 Menschen durch einen Verkehrsunfall getötet. Bei jedem fünften Verkehrsunfall ist der Fahrer oder die Fahrerin unter 25 Jahre alt.

Die meisten Schülerinnen und Schüler machen während ihrer Zeit hier an der Oberstufe ihren Führerschein und gehören damit zu dieser höchst gefährdeten Altersgruppe.

Aus diesem Grund hat die hessische Polizei ein Präventionsprogramm entwickelt, das sich speziell an diese Altersgruppe richtet.

Durchgeführt wurde das Programm in diesem Januar für alle Schülerinnen und Schüler der Q-3, also dem Jahrgang, in dem sich die meisten Fahranfänger befinden.

Gleich zu Beginn des Tages wurden das Publikum mit echten Erlebnissen konfrontiert, die wirklich keinen kalt lassen konnten. Referentinnen und Referenten der ´Rettungskette` (zunächst Polizei und Rettungsdienst, die Feuerwehr war leider wegen eines Einsatzes verhindert) berichten, mitunter unterstützt durch teils drastische Filmsequenzen, von ihren oft unheilvollen Einsätzen. Noch beklemmender waren schließlich die Berichte eines Notfallseelsorgers, der Leiterin einer Intensivstation und eines Bestatters – mit Erlebnissen, die normalerweise in der Berichterstattung weitestgehend ausgespart bleiben, aber schockierende Realität vieler Unfallfolgen darstellen.

Schilderten von schlimmsten Erlebnissen, die einzelnen Glieder der Rettungskette

Im Vordergrund jeweils das Ende oder die drastische Veränderung eines oder mehrerer Leben. „Wir wollen keine Angst machen, aber die Realitäten aufzeigen“, so der Präventionsbeauftragte der Polizei Südhessen, Ralf Drexelius. Und weiter: „Keiner hat eine kugelsichere Weste … es ist euer Leben und das gibt es nur einmal“, diesmal vorgetragen von einem Notarzt aus dem Kreis.

Die Devise in diesem Teil der Veranstaltung war, die möglichen Folgen, insbesondere die Drastischen, ins Bewusstsein zu rücken – und mit auslösenden Fehlverhalten in klare Zusammenhänge bringen. Daraus folgend sollte dann möglichst adäquates Verhalten folgen, auch anderen gegenüber: „Den Mut haben zu sagen, lass das mal mit dem Alkohol oder den Drogen.“

Denn, vieles wäre ja zu verhindern, so der Tenor aller Referenden nach ihren schockierenden Schilderungen: Abstand halten, mit angemessener Geschwindigkeit unterwegs sein, gerade bei winterlichen Witterungsverhältnissen, anschnallen, Handys ausschalten im Straßenverkehr und vor allem kein Alkohol oder Drogen am Steuer.

Im zweiten Teil des Projekts wurde anschließend ein breites Angebot an vertiefenden Workshops angeboten. In zwei dieser Workshops konnten sich die Schülerinnen und Schüler im Vorfeld der Veranstaltung, je nach Interessenslage, einwählen:

  • Bergung am Unfallort / Bedeutung für Familien und Unfallbeteiligte
  • Einsatztaktik der Feuerwehr / des Rettungsdienstes
  • Verhalten und Absichern an einer Unfallstelle / Patientenbetreuung
  • Risiken und Folgen von Alkoholkonsum
  • Punkte in Flensburg bis hin zur MPU
  • „Sprachlos“: Überbringen einer Todesnachricht
  • „Ohne Crash nach dem Kurs“ – Unfallursachen im Straßenverkehr
  • „Rausch oder Leben“

Aufgrund der teils sehr drastischen Themen wies die Polizei im Vorfeld der Veranstaltung ausdrücklich darauf hin, dass Schüler und Schülerinnen, die schon einen Unfall mit Verletzungsfolgen in der Familie oder im Bekannten- oder Freundeskreis erlebt haben, nicht an dieser Veranstaltung teilnehmen sollen und von der Teilnahme freigestellt werden können. Außerdem wurden die Thematiken dieses Tages im Religions- und Ethikunterricht im Vorfeld dieser Veranstaltung aufgegriffen – und sollen auch im Nachgang noch einmal behandelt werden. Unter anderem sollten die Schülerinnen und Schüler auch ihre Lebensträume artikulieren, Lebensträume, die nach einem Unfall oft wie eine Seifenblase zerplatzen. Ebenfalls Inhalt der nachfolgenden Diskussion, dass sich das eigene Leben auch verändert, wenn man nicht selbst, aber jemand aus der Familie oder dem Freundeskreis einen solchen Schicksalsschlag erleidet.

Die von den Schülerinnen und Schülern im Vorfeld artikulierten Lebenswünsche.

Als Fazit lässt sich sagen, dass alle Beteiligten einen hochemotionalen und eindrücklichen Tag erlebt haben, der mit Sicherheit nachhallen wird – und hoffentlich dazu beiträgt, „Träume erreichbar zu machen“.

„Sollte nur ein Unfall durch die Hinweise dieser Veranstaltung verhindert werden “, so die referierende Polizistin, „wäre es die Sache heute schon wert gewesen“.

Dem ist wirklich nichts mehr hinzuzufügen!

Außer einem großen Dankeschön an alle Beteiligten für diesen sehr nachdenklich machenden Tag!

Bericht und Fotos: Stefan Gräser